Lied an die Loitette


Heute gilt es etwas zu bedichten,
dem Literaten selten Zeilen zollen.
Ja, geschweige denn gern davon berichten –
sei es, dass sie es nicht riechen wollen
und so auf jedes Wort verzichten,
was dieses Etwas exaltiert,
oder, weil beim Schreiben von Gedichten
das Thema oft zu nied'ren Reimen führt.

  Ich meine jedoch davon unbenommen,
ist jenes ein paar Sätze wert.
Schließlich setzen selbst die Frommen
sich auf so ein Stuhlgefährt
und lassen dort ganz langsam kommen,
was im Leibe keimt und gärt.
Ein Stoßgebet, vielleicht auch zwei
haben sich so stets bewährt.
Nach kurzer Spülung ist man wieder frei
und lebt weiter unbeschwert.

  Nun, man kann es sich schon denken,
woran der dreiste Dichter sitzt,
und natürlich will er niemand kränken,
der darauf mit schwerem Stuhlgang schwitzt.
Kennt doch dieses kleine Örtchen
die verborg'nen Seiten ganz genau.
Denn jeder hinterlässt dort seine Törtchen
egal ob Bettler oder Edelfrau.

  Schon in den antiken Zeiten,
daraus gebar sich ja Kultur,
lies man das Exkrement nicht einfach gleiten
unbedacht hinein in die Natur.
Vielmehr sah man die Legionen
zu leichten Tönen oder schweren
plaudernd auf Latrinen thronen,
um sich im Gleichdrang zu entleeren.

 
Bild: Latrine01 (Quelle: pixabay.com)

Solches erscheint uns heute irritierend,
ist der Abort doch sehr intim.
Jeden Ton und Duft sedierend
kann man dort ganz ungestüm
oder leise meditierend
sein Geschäft zu Ende bringen.
Wer will, kann ganz allein und selten frierend
sogar darin Kloräle singen.

  Freilich darf man nicht verschweigen,
wird es auch einsam irgendwann,
vor allem wenn am Ausgang sich ständig neue Wasser zeigen,
ja hält dieser Zustand länger an,
bekommt die Seele leicht Apnoe.
Darum wird von erfahr'nen Proktologen
bei eklatanter, schwerer Diarrhö
ein Klo mit Radio vorgezogen.

  Doch nun zurück zu den Latrinen,
die die Legionen einst besetzten,
von denen die Soldaten mit befreiten Mienen
erleichtert auf das Schlachtfeld hetzten
und sie zu großen Taten drängten,
bis sich erneut im schlingendem Gekröse
die Stühle fest zusammen zwängten.
Ungebändigt drängten die zur hint'ren Blöße,
wo sie den Held vom Schlag ablenkten,
was verdammt gefährlich war im Kampfgetöse,
vor allem wenn sich Pfeilehagel niedersenkten.

  Da blieb nur noch die Flucht zurück
hinan in feindvergess'ne Sphären,
dorthin wo auch der Locus stand zum Glück,
um sich sicher zu entleeren.
So ging es immer hin und her.
Der Rhythmus hielt das Feld in Schwung.
War der Soldat dann wieder leer,
fühlte er sich leicht und jung
und schlug den Gegner in die Flucht.
So gewann man Schlacht um Schlacht.
Stets war die Latrine ausgebucht.
Ausdrücklich pries man ihre Macht.

 
Bild: Legionaere (Quelle: pixabay.com)


Leider ging im Laufe späterer Dekaden
dieses Wissen schnell den Bach hinunter.
Jeder tat es oft zu seinem eignen Schaden
an Ort und Stelle wieder munter.
So vermehrten sich dann auf's Geheime
in Brunnen oder Wasserstellen
Bazillen und auch böse Keime
zu bitterbösen Krankheitsquellen.

  Das gab ein Hollerie und Hollera
aus Tränen, Tod und langem Leiden.
Am schlimmsten waren Pest und Cholera.
Man schied aus und musste scheiden.
Jahre währte so die bitt're Klage:
"Wer treibt uns diese Geister wieder fort?"
Als Antwort auf die bange Frage
erfand man schließlich den Abort.

 
Bild: Pesttod01 (Quelle: pixabay.com)

In Bälde führte dieser Abtritt schon
das feindliche Gewässer
gebündelt in die Kanalisation.
Und damit wurde alles besser.
Das Befinden erreichte nie gekannte Höhen.
Ja, durch das Walten der Hygiene
war man frei von Mief und Flöhen
und hatte Zeit für manches Schöne.

  Auch für den Landser auf dem Feld
ersann man eine Art Latrine.
Auf dieser saßen Held um Held
aufgereiht auf einer Schiene
mit blanken Hinterbacken
und ließen beim Kanonenkrachen
Fäkalien in den Abgrund sacken,
ohne dabei Dreck zu machen.

  Freilich war umstritten, was fürderhin als Donnerbalken galt.
Denn bei einem Hinterhalt,
der im Felde ganz natürlich,
verlor der Hintern seinen Halt
und Mann stürzte unwillkürlich
in den ausgehob'nen Spalt.
Das war wahrlich ungebührlich
wenn auch weicher als Asphalt.

 
Bild: forest-1719776_640 (Quelle: pixabay.com)

So lag man rücklings in den Jauchen
wie ein Käfer tief im Schmutz.
Doch fand man Mut zum Untertauchen,
dann bot der Kot soliden Schutz.
Viele wurden so gerettet.
Doch ein Trauma gab es allemal.
Denn liegst du mal umwurstet eingebettet,
wird jeder Austritt schnell zur Qual.

  Auf Dauer aber war der Balken nicht erträglich.
Auf dieser Stange wurde niemand froh.
Darum forschte man tagtäglich
und ersann das Dixiklo.
Für's Heer ist es bewährt mit Eisen,
der Tank ganz einfach zu erneuern.
Zeitgleich kann man so aus vollen Rohren
nach vorne und nach hinten feuern.

 
Bild: Dixiklo01 (Quelle: pixabay.com)

Doch zurück zu den privaten Ablassstellen,
wo man vermehrt jetzt auf Keramik ritt.
Noch gab es darin keine Wasserquellen.
Stattdessen gab man immer einen kalten Eimer Wasser mit,
um sich des bösen Braunen zu erwehren.
Damit war die Luft dann wieder rein.
Nur leider fing der Eimer an, zu stören,
und stieß sich tief in manche Zehe ein.

 
Bild: Eimer01 (Quelle: pixabay.com)

Ach, wie schmerzten doch die wehen Zehen,
landauf landab war die Klage riesengroß.
So konnte das nicht weitergehen.
Wie wurde man den Eimer los?
Ein Brite hat es dann erfunden.
Ihm tat wohl der Zeh' zu weh.
Und so ersann der Mann in mühevollen Stunden
letztendlich das "Weh Zeh".

  So zog sich die Toilette an dem Griff mit Kette
hoch zum Thron der kleinen Leute.
Später gab man ihr zum Dank die Druckplakette.
Seitdem spült sie mit Nachdruck ihre Beute
in den Abguss alle Tage ohne Klage.
Mit der Zeit wurd' sie auch weise
und rauscht seitdem nach dem Gelage
für Popo laut, für Pipi leise.

 
Bild: Toilette04 (Quelle: pixabay.com)

Was wird wohl die Zukunft bringen?
Ist die Toilette dann vernetzt?
Analysiert das Internet aus Dingen
den Stuhlgang wenn er abgesetzt?
Gratuliert Alexa zum Gelingen
und meckert, wenn ein Grenzwert leicht verletzt?
Wird ein Cyborg spülend in uns dringen,
um uns die Altlast zu entringen,
wenn die im Darm sich festgesetzt?

 
Bild: Toilette03 (Quelle: pixabay.com)

Ich weiß es nicht, man wird es sehen mit der Zeit.
In jedem Fall ist dieser stille Ort
für einen Glücksfall stets bereit.
Wo sonst kann man kurz nach einem Eintritt dort
seinen Austritt gleich bestreiten?
Wo, wenn man durchfällt,
trotzdem einen Wohlgeruch verbreiten?
Wo kann man in der Arbeitswelt
so ungestört noch eine Sitzung leiten?

  Ich finde, dieser stille Ort des Wohlgefallens
ist doch einen solchen Hymnus wert.
Tausend volle Tage seines Erdenwallens
verbringt der Mensch dort ungestört
und gibt sich frei und allseits offen.
Darum lasst uns dankbar ihn berennen –
allzeit sei er hoch gerühmt –
und ihn nicht mehr "Scheißhaus" nennen,
denn das hat er nicht verdient.

 
Bild: Toilette02 (Quelle: pixabay.com)

1.12.2017  ↑    



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© WolfgangJohannesWelk ( wjw@reimquelle.de )

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